Im August trat das Berner Polizeigesetz in Kraft [1], Kernstück dabei war der Einsatz von Kennzeichenscannern. Heute hat das Bundesgericht in einem wegweisenden Urteil eine Beschwerde zu ähnlichen Passagen im Luzerner Polizeigesetz gutgeheissen (MM Bundesgericht [2], Urteil [3]).
Das Bundesgericht spricht dem Kanton Luzern die Gesetzgebungskompetenz für die Kennzeichenscanner zur Strafverfolgung gänzlich ab. „Schwerpunkt des Einsatzes der Kennzeichenscanner liegt bei der Strafverfolgung, wie auch der Kanton betont. In diesem Bereich kommt den Kantonen jedoch keine Gesetzgebungskompetenz zu. Überwachungsmassnahmen zum Zweck der Strafverfolgung bedürfen vielmehr einer Grundlage in der eidgenössischen Strafprozessordnung.“
Das Berner Gesetz enthält neben der zulässigen Prävention von Verbrechen auch einen solchen Passus.
Jorgo Ananiadis, Präsident der Piratenpartei: „Das Bundesgericht hat glasklar geurteilt. Der Berner Grosse Rat, der das durchgewunken hat, und die Kantonsregierung müssen nun über die Bücher und handeln.“
Ein weiterer Punkt trifft ebenfalls das Berner Polizeigesetz. Darin ist die systematische Erfassung des motorisierten Verkehrs mittels automatisierten Kennzeichenscannern vorgesehen, mit der Konsequenz, dass täglich hunderttausende Kennzeichen erfasst und 60 Tage gespeichert werden.
Das Bundesgerichtsurteil kassiert explizit die Speicherung der Daten im Kanton Luzern für 100 Tage:
„Das Bundesgericht ging bisher davon aus, dass AFV(automatischen Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung )-Daten, deren Abgleich keinen Treffer ergeben hat, unverzüglich und spurlos zu löschen sind (…) (Das) PolG/LU sieht dagegen vor, dass alle AFV-Daten (auch Nicht-Treffer, einschliesslich Personenaufnahmen) bis zu 100 Tagen gespeichert und für gewisse Zwecke nachträglich ausgewertet werden können.
Inwiefern eine derartige Speicherung von Daten auf Vorrat für die vorliegend einzig noch zu prüfende Fahndung nach vermissten oder entwichenen Personen (gemäss Abs. 4 lit. b) notwendig und nach Umfang und Dauer verhältnismässig ist, ist nicht ersichtlich.“ (3.6.3.)
Tino Wymann, Vorstandsmitglied Piratenpartei Kanton Bern und Spitzenkandidat für den Grossen Gemeinderat in Zollikofen:
„Auch die KaPo Bern kann seit Mitte Jahr millionenfach unsere Autofahrten speichern. Das Bundesgericht beurteilt dies in Luzern als unverhältnismässigen Grundrechtseingriff. In Bern ist das nicht anders, es muss sofort darauf verzichtet werden.“
Für die Piratenpartei ist aber auch besonders stossend, dass die Kantonspolizei früher angegeben hat, dass Fahndungserfolge grösstenteils nur bei Fahren ohne Versicherungsschutz [5] oder bei Kontrollschilddiebstahl [6] erzielt wurden.
Der Regierungsrat verkaufte dieses Gesetz der Bevölkerung mit der Bekämpfung von organisierter Kriminalität und bei Entführungen. Bei genauerer Betrachtung sind diese Argumente äusserst zweifelhaft. Denn gemäss der offiziellen polizeilichen Kriminalstatistik des Kantons Bern gab es in den letzten zehn Jahren [6 (S.72),7 (S.75)] genau 4 Fälle der schweren Freiheitsberaubung (StGB Art. 184) und nur eine Geiselnahme (StGB Art. 185)
Evelyne Tauchnitz, Spitzenkandidatin für die Stadtratswahlen Bern: “Es ist wie bei der Vorratsdatenspeicherung: Der Bevölkerung wird ein Gesetz gegen Mord und Totschlag verkauft, eingesetzt wird es dann wegen Bagatellen. Und gleichzeitig werden wir durch den Staat auf Schritt und Tritt überwacht.”
Der Wortlaut des Gesetzes [8] erlaubt die Fahndung aufgrund einfacher Vergehen.
Jorgo Ananiadis: “Das Gesetz ist ein Freifahrtschein zur Totalüberwachung des Strassenverkehrs. Dass das Parlament eine solch umfassende Pauschalfreigabe durchwinkt, ist besorgniserregend für die gesamte Berner Bevölkerung.”
Quellen:
[1] https://be.piratenpartei.ch/kapo-bern-fuehrt-massenueberwachung-fuer-bagatellen-ein/
[2] https://www.bger.ch/files/live/sites/bger/files/pdf/de/1c_0063_2023_2024_11_08_T_d_10_30_48.pdf
[3] https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/fr/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://17-10-2024-1C_63-2023&lang=de&zoom=&type=show_document
[4] https://www.bernerzeitung.ch/was-bringt-das-scannen-von-nummernschildern-115259962777
[5] https://www.derbund.ch/polizeigesetz-im-grossen-rat-was-der-ausbau-der-fahrzeugfahndung-bedeutet-670971676030
[6] https://www.police.be.ch/content/dam/police/dokumente/police-be-ch/d/statistik/kriminalstatistik/kbe_pks_2023.pdf (S. 72)
[7] https://www.police.be.ch/content/dam/police/dokumente/police-be-ch/d/statistik/kriminalstatistik/kriminalstatistik-2020-d.pdf (S.75)
[8] https://www.belex.sites.be.ch/app/de/texts_of_law/551.1/versions/3048
Im August trat das Berner Polizeigesetz in Kraft [1], Kernstück dabei war der Einsatz von Kennzeichenscannern. Heute hat das Bundesgericht in einem wegweisenden Urteil eine Beschwerde zu ähnlichen Passagen im Luzerner Polizeigesetz gutgeheissen (MM Bundesgericht [2], Urteil [3]).
Das Bundesgericht spricht dem Kanton Luzern die Gesetzgebungskompetenz für die Kennzeichenscanner zur Strafverfolgung gänzlich ab. „Schwerpunkt des Einsatzes der Kennzeichenscanner liegt bei der Strafverfolgung, wie auch der Kanton betont. In diesem Bereich kommt den Kantonen jedoch keine Gesetzgebungskompetenz zu. Überwachungsmassnahmen zum Zweck der Strafverfolgung bedürfen vielmehr einer Grundlage in der eidgenössischen Strafprozessordnung.“
Das Berner Gesetz enthält neben der zulässigen Prävention von Verbrechen auch einen solchen Passus.
Jorgo Ananiadis, Präsident der Piratenpartei: „Das Bundesgericht hat glasklar geurteilt. Der Berner Grosse Rat, der das durchgewunken hat, und die Kantonsregierung müssen nun über die Bücher und handeln.“
Ein weiterer Punkt trifft ebenfalls das Berner Polizeigesetz. Darin ist die systematische Erfassung des motorisierten Verkehrs mittels automatisierten Kennzeichenscannern vorgesehen, mit der Konsequenz, dass täglich hunderttausende Kennzeichen erfasst und 60 Tage gespeichert werden.
Das Bundesgerichtsurteil kassiert explizit die Speicherung der Daten im Kanton Luzern für 100 Tage:
„Das Bundesgericht ging bisher davon aus, dass AFV(automatischen Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung )-Daten, deren Abgleich keinen Treffer ergeben hat, unverzüglich und spurlos zu löschen sind (…) (Das) PolG/LU sieht dagegen vor, dass alle AFV-Daten (auch Nicht-Treffer, einschliesslich Personenaufnahmen) bis zu 100 Tagen gespeichert und für gewisse Zwecke nachträglich ausgewertet werden können.
Inwiefern eine derartige Speicherung von Daten auf Vorrat für die vorliegend einzig noch zu prüfende Fahndung nach vermissten oder entwichenen Personen (gemäss Abs. 4 lit. b) notwendig und nach Umfang und Dauer verhältnismässig ist, ist nicht ersichtlich.“ (3.6.3.)
Tino Wymann, Vorstandsmitglied Piratenpartei Kanton Bern und Spitzenkandidat für den Grossen Gemeinderat in Zollikofen:
„Auch die KaPo Bern kann seit Mitte Jahr millionenfach unsere Autofahrten speichern. Das Bundesgericht beurteilt dies in Luzern als unverhältnismässigen Grundrechtseingriff. In Bern ist das nicht anders, es muss sofort darauf verzichtet werden.“
Für die Piratenpartei ist aber auch besonders stossend, dass die Kantonspolizei früher angegeben hat, dass Fahndungserfolge grösstenteils nur bei Fahren ohne Versicherungsschutz [5] oder bei Kontrollschilddiebstahl [6] erzielt wurden.
Der Regierungsrat verkaufte dieses Gesetz der Bevölkerung mit der Bekämpfung von organisierter Kriminalität und bei Entführungen. Bei genauerer Betrachtung sind diese Argumente äusserst zweifelhaft. Denn gemäss der offiziellen polizeilichen Kriminalstatistik des Kantons Bern gab es in den letzten zehn Jahren [6 (S.72),7 (S.75)] genau 4 Fälle der schweren Freiheitsberaubung (StGB Art. 184) und nur eine Geiselnahme (StGB Art. 185)
Evelyne Tauchnitz, Spitzenkandidatin für die Stadtratswahlen Bern: “Es ist wie bei der Vorratsdatenspeicherung: Der Bevölkerung wird ein Gesetz gegen Mord und Totschlag verkauft, eingesetzt wird es dann wegen Bagatellen. Und gleichzeitig werden wir durch den Staat auf Schritt und Tritt überwacht.”
Der Wortlaut des Gesetzes [8] erlaubt die Fahndung aufgrund einfacher Vergehen.
Jorgo Ananiadis: “Das Gesetz ist ein Freifahrtschein zur Totalüberwachung des Strassenverkehrs. Dass das Parlament eine solch umfassende Pauschalfreigabe durchwinkt, ist besorgniserregend für die gesamte Berner Bevölkerung.”
Quellen:
[1] https://be.piratenpartei.ch/kapo-bern-fuehrt-massenueberwachung-fuer-bagatellen-ein/
[2] https://www.bger.ch/files/live/sites/bger/files/pdf/de/1c_0063_2023_2024_11_08_T_d_10_30_48.pdf
[3] https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/fr/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://17-10-2024-1C_63-2023&lang=de&zoom=&type=show_document
[4] https://www.bernerzeitung.ch/was-bringt-das-scannen-von-nummernschildern-115259962777
[5] https://www.derbund.ch/polizeigesetz-im-grossen-rat-was-der-ausbau-der-fahrzeugfahndung-bedeutet-670971676030
[6] https://www.police.be.ch/content/dam/police/dokumente/police-be-ch/d/statistik/kriminalstatistik/kbe_pks_2023.pdf (S. 72)
[7] https://www.police.be.ch/content/dam/police/dokumente/police-be-ch/d/statistik/kriminalstatistik/kriminalstatistik-2020-d.pdf (S.75)
[8] https://www.belex.sites.be.ch/app/de/texts_of_law/551.1/versions/3048